Dubai
- Kathmandu, 20. Juli 2012
Meine Reise fing ganz wunderbar „entspannt“ an Dubai's Terminal II an. Bei Fly Dubai am Check in Schalter stehen in der Regel 50 lokale Großfamilien mit je 40 Koffern und Plastiktaschen sowie 3-10 wohlerzogenen Kindern. Prinzipiell sind maximal zwei Schalter besetzt.
Streitsituation
Nr. 1: Hinter mir stand eine
Maid oder Mutter mit ganz besonders wohlerzogenem Kind. Die Mutter –
nicht ganz die Allerhellste – ist mir zunächst drei Mal mit ihrem
Trolley in die Hacken
gefahren, bis ich sie nahezu freundlich darum gebeten habe dies
netterweise zu
unterlassen. Was macht das Kind? Es äfft mich nach! Ich dachte, ich hör
nicht
richtig. Meine Hand stand kurz davor auszurutschen. (http://www.youtube.com/watch?v=DxUNEFE4-_M)
Was macht die Mutter daraufhin? Fährt mir in die Hacken. Dann ist der freche „Knirps“
auch noch an dem Trolley und mir rumgeturnt und hat mir dabei fast die
Boyfriendjeans runtergerissen. Umso dankbarer war ich, als ich den Emergency
Seat am Gang bekam und die Raucherlounge trotz Ramadan geöffnet hatte.
Im Taxi, auf dem Weg zum Flughafen, hatte ich
angefangen die Reiselektüre „The Seven Spiritual Laws of Success“ zu lesen. Das
erste Gesetz lautet „Law of pure potentiality“ und eine der Regeln, die man praktizieren
soll heißt „Practice nonjudgement“. YO – aber sicher doch…ab morgen dann.
Ich empfehle außerdem jedem der nach Nepal
oder Indien fliegt, extra extra laute Musik mitzunehmen und vor dem Abflug
Entspannungsdrogen zu nehmen. Was ist an „No mobiles during departure and
landing due to safety issues” (in drei Sprachen) nicht zu verstehen? HÄH?! Ein
Blödmann hat bei Abflug telefoniert – da bin ich aber dazwischen. Daraufhin hat
meine Sitznachbarin schnell ihren Akku aus dem Handy genommen. Zum Glück saß kein
unerzogenes Kind neben mir. Dennoch hatten die Sitznachbarn allesamt super
extra laute Organe und müde wurden sie auch nicht. Ich konnte noch nicht einmal
Drei Fragezeichen hören, weil ich kein Wort verstehen konnte – Spezial
gelagerter Sonderfall…
Habe mir erstmal nen Rotwein geordert und muss
jetzt in diesem Moment, wo ich das handschriftlich in meinem Nepal Diary
festhalte an ein Holzschild denken, welches einst in Omas und Opas
Schrebergarten hing: „Das schönste an der Gartenarbeit ist das gießen.“
In diesem Sinne – einen angenehmen Flug noch.
PS: Ob die einem so viel Rotwein ausschenken
(verkaufen) wie man will? Mal
sehen.
Tunes
of the day: BEG_Bombay Bycicle Club & Chet Faker_No Diggity
PPS: Hab etwas einen sitzen. 3.15pm Dubai
Zeit. Keine Ahnung wie spät es woanders ist.
…noch eine Stunde bis zur Landung. Habe Hörsturz
und möchte Rauchen. Zum Lesen ist es zu laut und Oropax gibt es nicht
(Stewardeß „Sie freuen sich so sehr, nach Haus zu kommen.“) Bei allem Respekt
und Verständnis – das geht auch leiser. Nochmal Wein ordern…
Kathmandu, 21. Juli 2012
Guten Morgen Nepal!
Guten frühen Morgen Steffi.
Nach vier Stunden Schlaf beginnt nun mein
erster Tag in Nepal. Nach der Ankunft am Flughafen wurde ich „sicher“ ins Hotel
gebracht, wo ich mir sogleich einen nepalesischen Salat und einen Rotwein
bestellt habe. Bekommen habe ich eine Suppe (mit der Frage „oder wolltest Du
Salat?“) und einen Weißwein (mit den Worten „Rotwein war aus“). Nun gut. Man
möchte ja nicht unangenehm auffallen. Ich habe mich weder beschwert noch
gemotzt. Nach fünf Minuten wurden die Holländer vom Nachbartisch vorstellig. Das
war nett. So saß man noch eine Weile im „Garten“ beisammen – in gediegener
Atmosphäre, sozusagen. Mit dem einen Holländer geh ich heute Tempel anglotzen.
Die anderen sind eher Kulturbanausen.
Hier geht gerade ein ganz lauter Alarm los mit
Glockengebimmel. Wahrscheinlich Gebetszeit? Kann ich mit umgehen. Gehe jetzt
frühstücken und mein zweites Kapitel lesen.
Nachtrag: Die Sirenen waren dazu da, um
Geister zu vertreiben (supported by the monks), weil eine Frau Selbstmord
begangen hatte.
So, wir haben also heute unsere Tempel Tour
gemacht. Mit dem Hotelfahrer („Bart Simpson“, des T-Shirts wegen) ging es
zunächst gen Osten zum Boudhanath Stupa. War sehr schön.
Danach fuhren wir zum Hindu Tempel Paschupatinat. Riesengroß. Es wurden öffentlich Menschen verbrannt. Die Kremierung findet 24/7 statt, weil das bei den Hindus binnen 24 Stunden passieren muss. Fand ich persönlich etwas gruselig, insbesondere den Geruch (nicht, dass es grundsätzlich in Kathmandu besonders blumig riechen würde). Auf dem Hinweg lag auch eine Leiche auf der Straße.
Bekannt ist Bodnath wegen des großen Stupa, der seit Jahrhunderten eines der bedeutendsten Ziele buddhistischer Pilger aus Nepal
und den umliegenden Regionen des Himalaya ist. Die Gründung geht zurück auf die Licchavi im 5. Jahrh. nach Christus. Mit einer Höhe
von 36 m gehört der Stupa zu den größten seiner Art.
Als ich zur Kuh im Tempel „Hi Burger“ gesagt habe (kleiner Scherz meinerseits) hat sie ausgeschlagen. Danach waren wir noch in einer der ältesten Städte Nepals – Patan.
Nun bin ich wieder zu Haus im Blue Horizon und
lasse die Haare lufttrocknen (wie auch sonst) und dann gehe ich mit dem
Holländer (welcher auch einen Namen hat, Sjoerd) nepalesisch essen und Reiswein
trinken.
(…später an diesem Abend…)
Oh
what a night.
Wir waren in einem nepalesischen Restaurant
essen. Man kann hier eigentlich nie Gerichte auswählen. Es gibt stets das Set
Dinner, mit Popcorn als Vorspeise gefolgt von einer weiteren besonders
landestypischen Spezialität – Pommes…und ganz viel anders noch (Mami, ich hab
hier sogar Spinat gegessen!). Dazu wurde Reiswein gereicht. Der hat’s wirklich
in sich – Hallelujah!
Danach sind wir noch in unserer Hood in einen nepalesischen Club eingekehrt, um den hiesigen Whiskey zu verkosten. Es gab Karaoke, bzw. eine Band. Ein Lied dauerte nur etwa eine Stunde.
Anschließend sind wir noch weiter in einen
anderen „Club“ mit „Show Tanz“ (nicht soooo – Paartanz und Breakdance Einlagen)
und dann wollten wir heim. Leider hatte es in der Zwischenzeit angefangen, wie
aus Eimern zu regnen. Also haben wir uns für die praktische Methode entschieden
– Rikscha. Wir haben uns verfahren und dann ist das Gefährt auch noch stecken
geblieben. Ich bin aber sitzen geblieben (feine Dame) und Sjoerd musste mit
schieben. Der Arme musste heute um 6am los zum Trekken – ich hoffe, er hat es
geschafft.
Ich gehe gleich noch mal rumlaufen, hier in
Thamel und um 13 Uhr werde ich abgeholt und dann geht es weiter nach Pokhara.
Pokhara, 22. Juli 2012
Hallelujah! Das war n Trip!
Ich weiß bis jetzt nicht warum neben dem
Fahrer noch ein Guide dabei ist. Sein Name ist „Progress“ und sein Motto
lautet: Alles für mein Karma. Mein Glaube daran, dass schon nichts schiefgehen
wird, verstärkte sich in dem Moment, als ich samt Riesenreisetasche (ohne Helm,
versteht sich) hinten auf sein Motorrad aufstieg um so zum Auto zu fahren –
durch Kathmandu, während der Rush Hour! Dort angekommen (ohne ein gekrümmtes
Haar), wurde mein Gepäck verladen, um mit dem Motorrad „kurz noch mal“ bei
Progress zu Haus vorbeizufahren, um seine Sachen zu holen – es sei kurzfristig
geplant, dass er mitkommt (???). Die Mutti war auch da, doch sie ist psychisch
krank, weil der Vadder noch ne andere Frau hat und so schläft sie den ganzen
Tag. Nette Wohngegend, nette Wohnung. Man, ich will mich nie mehr beschweren
über unsere Wohnungen in Dubai oder Deutschland (vorerst nicht). Noch kurz
zur Motorradtour – ich konnte nach fünf Minuten nichts mehr sehen, weil die
Luft was staubiger war und atmen…ging mittelgut. Aber: I survived!
Als wir endlich im Auto saßen war ich
hocherfreut über den funktionierenden Anschnallgurt. Progress: „Brauchst Du
doch nicht – solange Du positiv denkst.“ Nee, is genau richtig. Habe positiv
gedacht, während ich angeschnallt war. Das war auch wichtig (das positive
Denken) – dieser Verkehr…und dieses viele Hupen…man man man…ich habe mich
zwischendurch wirklich gefragt, was eigentlich in mich gefahren war – allein nach
Nepal zu reisen.
Die Fahrt (200km) hat dann auch nur 6.5 Stunden
gedauert und wann immer ich bei Gegenverkehr aufschrie hieß es nur „you dont
have to worry.“ Klaaaaaaar….ist ja auch ganz normal auf den halb ausgebauten
Bergstraßen mit den ganzen LKWs in den Kurven zu überholen.
Inshallah…inshallah….
Als wir in Pokhara ankamen, war ich von der
Größe der Stadt überrascht. Irgendwie dachte ich, es wäre ein kleines Dörfchen.
Aber wir haben ohnehin die Stadt wieder verlassen und sind irgendwann einen
tierisch dunklen Bergpfad hoch (mit dem guten Suzuki). Oben angekommen, wurden
wir dann mit Taschenlampe in Empfang genommen und mußten nur noch ein paar
„Stufen“ hoch.
Das „Castle Resort“ wird von einem Irischen Hippie namens Joe, 70 Jahre alt (und seiner Frau, 35 Jahre alt) betrieben. Joe hat auch einen Irish Pub angebaut wo ich mich sogleich wiederfand. Er hat außerdem 3 Boxer, wobei zwei davon auf dem Dach wohnen seit sie ihre Mutter angegriffen haben. Darüber hinaus hat er noch einen ausgestopften Boxer, welcher im Eingangsbereich „lebt“.
Joe raucht ganztägig Pfeife und abends wird Bier getrunken. Viel Bier. Als wir ankamen hatte er gerade Besuch vom Nachbarn. Dieser hatte ein Huhn als Gastgeschenk mitgebracht. Zur Begrüßung wurde Chicken Tikka gereicht.
Ich bin jetzt in meinem Zimmer und leicht
angespannt hier im Niemansland. Ich höre nur Grillenzirpen und andere tierische
Geräusche. Es ist stockdunkel draußen. UND: Es gibt auch Schlangen! Ich möchte
keiner begegnen. Bitte!!!
Pokhara,
23. Juli 2012
Oh ist das schön hier! Im Hellen sieht das
doch gleich viel besser aus. Dieser nette Ausblick auf den See - es ist einfach
ganz besonders lieblich.
(inzwischen 17:30)
Ich liege gerade mit Tote Meer Maske unterm
Moskitonetz (ich bin so sehr zerstochen), nachdem wir heute unten im Dorf den
See ausgecheckt haben. Der Weg dahin war nicht ohne – ich muss unbedingt morgen
die hübschen Wander-Turnschuhe anziehen. Wir wohnen fast IN den Reisfeldern in den
Bergen, mit Büffeln und Kühen überall (Anne – auch Ziegen sind hier vertreten).
Wir haben uns ein Boot gemietet (mit Fahrer, Dubai Style) und sind über den
Phewa See gefahren. Dabei haben wir drei „Jetzt fahr’n wir übern See“ gesungen
(also, in meinem Kopfkino zumindest). Auf dem Boot sollte man sich lieber nicht
bewegen. DAS war eher nicht so Dubai Style. Aber die Landschaft war superschön.
Ich könnte hier fast zum Naturburschen werden. (Die Betonung liegt auf…naaa?
FAST, richtig).
Heute gab es auch endlich MOMOs zu essen, so kleine Dumplings. Voll gut. Außerdem haben wir vom See aus die ganzen Paraglider aus den Bergen kommen sehen und prompt wurde der Paraglide Flug beim Momo-Mann gebucht. Als Heimweg hat sich Progress den lustigen „Treppen“aufstieg durch den Dschungel ausgedacht. Jetzt, eine Stunde später, ist mein Kopf nicht mehr komplett dunkelrot. Nur noch rosa. Doch wir sind heil angekommen und keiner Schlange begegnet!
Ich muss mich jetzt pubfein machen.
Pokhara,
24. Juli 2012
Gestern Abend – wo auch sonst – in Branigan’s
Pub „versackt“. Ein anderer Nachbar war zu Besuch und es stellte sich heraus,
dass er Paraglide Pilot ist, bei der Firma wo ich auch gebucht habe. Morgen ist
er mein Pilot.
Heute hat es leider bis 13 Uhr geregnet, aber
dann chillt man im Pub und trinkt Filterkaffee aus der Bodum.
Dann sind
Progress (also dieser Name…) und ich ins Dorf runtergelatscht und haben ein
Motorrad ausgeliehen. Samt Helm für den Begleiter (wooohooo!). Gut, soooo groß
sind die Schlaglöcher auch nicht (alle) und manchmal gibt es auch in den Bergen
halbausgebaute Straßen. Oft aber auch nicht. So spannend jeder Tag ist, bin ich
jeden Abend heilfroh, wenn ich das „Schloß“ im Ganzen erreiche.
Wir sind dann erstmal zum Devis Fall gecruised – dem
Wasserfall der NICHT von oben kommt, sondern einfach in der Erde verschwindet.
Soll noch mal einer sagen „Wasserfälle. Kennste einen kennste alle“ Nee nee…so
einfach ist das nicht.
Auf dem Weg zur nächsten Station wurde schon
wieder ein Toter die Straße entlang getragen, zu seiner Verbrennung. Weiter
ging es nun zum „World Peace Pagoda, einem Buddhistischen Kloster, erbaut von
einem Japaner, um den Weltfrieden zu promoten. Die Sicht war ganz gut.
Dann
ging es weiter auf den Sarangkot Berg (da
geht's morgen auch zum Paragliden hin) und wenn es nicht bewölkt ist,
sieht man
von hier aus die gesamt Annapurna Range sieht - wenn auch "leicht"
verhangen. Die Wolken haben sich aber tatsächlich ein bißchen verzogen
und der
Anblick war schon MIT der Hammer. HIMALAYA, LEUTE!
So sieht es ohne Wolken aus |
So mit... |
Extra mit Adler |
Auf dem Heimweg waren wir noch im Dorfrestauarant eingekehrt (Büffel ist jetzt eher nicht so meins) und dann ging es wieder heim. Gehe gleich noch mal rüber in den Pub. What can you do? Joe verkauft mir auch Roxy Reiswein den die Nachbarin selbstgemacht hat – mit Pfirsichen aus dem Garten. Lecker. Ich sitze immer sehr gerne draußen vor der Tür, bis es fast dunkel ist. Dann laufe ich ganz schnell rein, mache alle Fenster und Vorhänge zu und fühle mich wie eines der drei kleinen Schweinchen, wenn ich mich etwas fürchte. Hatte auch schon drei Mal einen Regenwurm im Zimmer. Richtig ekelhaft. Habe ich aber selbständig ausgesetzt…ok, ausgeworfen.
MORGEN MUSS GUTES WETTER SEIN! Paragliding!!!
...später an diesem Abend...
So – nun bin ich gewappnet. Habe vorhin vom
Koch einen MOMO Kochkurs bekommen. Alle haben gesagt, es hätte ihnen
geschmeckt!
HühnerMETT |
Mir ist heute noch aufgefallen, dass ich neulich noch am tiefsten Punkt der Erde war (Jordanien, Totes Meer) und mich nun „quasi“ neben dem höchsten Berg der Welt befinde. Habe entschieden, das steht sinnbildlich für meine rosige Zukunft.
Gute Nacht.
Pokhara, 25. Juli 2012
Tag des Himalaya Paragliding. Ich bin um 8:00
aufgewacht (um 9:30 sollte ich fliegen) und gleich zum Fenster gerannt (50cm,
also bis zum Fenster). Es hat geregnet! Bis 13:30 saß ich mit meinem
gepackten Rucksack in der Gegend rum und habe darauf gewartet, dass sich die
Wolken verziehen (aufgehört zu regnen hatte es gegen 11:00). Progress hat die ganze
Zeit gesagt, die würden anrufen, wenn es losgehen könnte. Irgendwann bin ich
dann an den Pool gegangen (teilweise ist etwas Wahres an dem Gefasel in meinem
„Spirituellen Wegweiser Buch“. Genieße den Moment. Hätte ich mal..hätte hätte
Fahrradkette).
Um 14:30 Uhr hat mich dann tatsächlich Ramaraj (der Nachbar und
Pilot) mit seinem Motorrad abgeholt. Nachdem wir bei der Station alle bezahlt hatten und gerade 10 Minuten mit dem
Jeep gefahren waren…da hieß es „wir können heute nicht fliegen. Der Wind steht zu
schlecht.“ NEIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!! Ich war ja soo
traurig. Es war ja mein letzter Tag. Ramaraj ist dann mit mir um den See
gefahren - in ein kleines Fischerdorf wo wir Minifische aus dem See
gegessen
und Roxy getrunken und gequatscht haben. Immerhin konnte ich mal der
Karmaquasselstripe
Progress für ein paar Stunden entfliehen. Der ging mir schon ziemlich
auf den Sack. So haben wir das Beste aus dem verbleibenden Tag gemacht
und zur Krönung
noch einen Momo Pot im hiesigen Haushaltsladen (Böllhof – Pokhara Branch
…für die
Insider) erstanden.
Am Abend war ich dann gar nicht mehr der
einzige Gast. Ein Pärchen (Irish/Welsh) kam zum Abchillen nach dem Everest
Trekking vorbei und ist gleich eingezogen. War sehr nett mal wieder andere Gesichter
zu sehen. Leider musste ich feststellen, dass Joe seine Reisegeschichten (er
ist sein ganzes Leben lang durch die Welt gereist und hat jeden Abend sehr
spannende Geschichten erzählt) 1:1 von Neuem erzählt und so war ich nicht
allzu traurig, dass der letzte Abend angebrochen war. Außerdem war die Abfahrt am
nächsten Morgen für 6:00 angesetzt.
Pokhara
- Kathmandu, 26. Juli 2012
Nach pünktlicher Abfahrt um 6:40 fand
ich mich erneut in dem heißgeliebten Suzuki wieder. Progress - stets zu Diensten -
hatte diesmal glücklicherweise auf dem Beifahrersitz Platz genommen. Obwohl
ich
mich schlafend gestellt habe, hat er mich die ganze Zeit über
vollgequatscht („GUCK MAL HIER…GUCK MAL DA!“). Er wollte mich auch
dauernd zum
Frühstück unterwegs überreden, doch ich hatte die Masche durschaut. Er
wollte mich in „Touri“ Restaurants seiner Freunde schleppen und denen
einen GEfallen tun (in Nepal
ist man nach einem Small Talk übers Wetter häufig auch gleich ein neuer
Freund). Ich hatte
aber keine Lust auf die Abzocker Tour (so langsam hat es auch Schaf
Steffi durchschaut) und erst nach dem dritten Anlauf, als ich wirklich
schon
sehr hungrig war, habe ich eingewilligt. Progress ist nämlich durchaus ein kleines
Schlitzohr und karmatechnisch nicht immer 100% p.c.!
Von Anfang an hat er mir nämlich erzählt, dass
er dauernd Geschenke von seinen Freunden bekommt, u.a. ein Motorrad von einem
Freund aus Deutschland, eine Europareise von einer Freundin aus der Schweiz.
Ein Laptop…er würde mir natürlich auch alles als Freund zeigen (wie gesagt, ich
weiß bis jetzt nicht, welche Rolle er in diesem Film gespielt hat). Als ich
meinen Paragliding Flug gebucht hatte, hat er ganz traurig gesagt „Hab ich noch
nie gemacht“…was er wohl von seiner Freundin aus Deutschland erwartet hat?
Irgendwann war ich auch schon sehr (hart) abgenervt und tierisch geladen. Er hat ständig
gefragt, was irgendwas kosten würde oder gekostet hat (wie z.B. der Skydive)
und ich habe immer untertrieben und mich beim Geld ausgeben schlecht gefühlt,
obwohl ich kaum Geld ausgegeben habe. Er würde auch nie Geld für sich ausgeben
(ja nee, lieber schnorren!) sondern alles für sein Kinderheim aufsparen.
Wirklich eine supergute Sache – er hat mit ein paar anderen ein Kinderheim in
Kathmandu gegründet, für Waisen. Allerdings habe ich an die Existenz vorerst
nicht richtig geglaubt, weil er so übertrieben oft erzählt hat, dass er Angst
hat, ohne Support den Kindern nicht mehr lange helfen zu können.
So kam es,
dass mich mein letzter Stopp (nach zwei weiteren Tempeln in Kathmandu – brauche
jetzt für die nächsten 10 Jahre keinen Tempel mehr besichtigen, egal wo auf der
Welt) in ein Kinderheim in Kathmandu führte. Es gab es also wirklich. Gerochen
hat es nach Klo (ok – nach richtig ekliger öffentlicher Toilette und noch
ekliger) und sauber war es auch nicht so richtig, eher gar nicht. Ich hatte den
Kindern Süßigkeiten mitgebracht; wusste nicht was sonst und mit leeren Händen
mochte ich nicht ankommen. Sie kamen dann (26 Kids) von der Schule und haben
sich alle aufgestellt und jeder einzelne kam dann in Progress' Büro, wo die
Tante mit den doofen Süßigkeiten saß. Jeder einzelne hat sich vorgestellt,
gesagt in welche Klasse er geht, wo er herkommt und wo er wohnt. Als ich etwa
zum 13. Mal gehört habe „und ich wohne im XY Kinderheim in Kathmandu“ schossen
mir die Tränen in die Augen. Diese armen, kleinen, schmuddeligen Würstchen mit
den großen, traurigen Kulleraugen…Na klar – sie haben ein Dach überm Kopf und
sie können zur Schule gehen. Aber ich habe vorher so etwas noch nicht so direkt
gesehen und war wirklich fertig.
Aber es war ein sehr guter, zum Nachdenken
anregender Abschluss meiner Reise nach Nepal.
Es war zwar weniger „einsam“ und spirituell
als ich zunächst dachte, allerdings lag dies auch daran, dass ich für mich
festgestellt habe, dass ich einfach nicht der spirituelle Typ bin. Die Realität
hilft besser zum Nachdenken, reflektieren und weiterentwickeln als jedes Buch
und jedes Karmagefasel. Und unterm Strich war es einer der besten Urlaube die
ich je gemacht habe.
Ich wusste nicht, was mich vorher erwartet und
ein bisschen mulmig war mir auch zumute, als ich anfangs den Flughafen in
Kathmandu verließ, doch es hätte nicht besser kommen können (abgesehen vom
„Paragliding Canceling“).
Ich werde auf jeden Fall auch wiederkommen –
zum Trekking auf das Everest Base Camp. Und das meine ich auch so! Ein
supergutes Land und sofern die Menschen nichts mit dem Tourismus zu tun haben –
ehrlich und ohne Hintergedanken sehr (gast)freundlich.
In diesem Sinne – habt einen erleuchtenden
Wochenstart morgen, denkt an die Zukunft aber lebt auch mal für den Moment. Es
gibt Dinge, die kann man kurz- oder auch langfristig ohnehin nicht ändern. Es
gibt verschiedene Kulturen, Religionen und man kann die Welt nicht umdrehen
(nicht einmal Angelina Jolie), aber man kann versuchen, ihr freundlich zu
begegnen und sie ein kleines Stück besser zu machen und Dinge die anders sind zu
akzeptieren. Ich übe mich auch in der Regel aus dem ersten Kapitel.
So – nun habe ich ein Stück Weisheit geteilt
und fange an zu packen.
Eure Steffi