Wolfsburg, 22. August 2012
Ich bin wieder auf Deutschem
Boden angelangt. Das war weniger unkompliziert als ich dachte, denn in
Frankfurt musste ich meinen gesamten Handgepäckkoffer auspacken und zum Bombencheck
(mit den 10€ Verbatim Laptopboxen). Die 20 wartenden Leute haben mich gehaßt
und ich war so genervt, dass ich den Beamten angepöbelte und sagte, er
solle die doofen Boxen einfach wegschmeißen - sie seien die unnötige
Verzögerung nicht wert. Durfte ich aber nicht. Hinter mir stand einer mit iPad
und ich musste mich doch sehr zusammenreißen nicht zu sagen „Na? Auch
Sprengstoffattenäter?“ Womöglich besser, dass ich gerade so die Zunge zügeln
konnte. In Hannover war dann nur noch ein Drogenhund, der natürlich nicht fündig
wurde und am Ende hat niemand den Zigarettenschmuggel entlarvt, als ich mit
meinen 5 Gepäckstücken den Zoll durch „nothing to declare“ verließ.
So, die Ankunft war also
überstanden und weiter ging es nach SÜLFELD (Soul Field – DAS klingt doch
nett…oder?). Anne hatte netterweise die Schweine-Bifi bereitgehalten. Als ich
im Auto Wasser trank, bin ich jedesmal zusammengezuckt. Ramadan-Trauma. Das
sollte sich auch die nächsten Tage nicht legen.
Direkt am zweiten Tag wurde
ich (mit meinem scheinbaren Migrationshintergrund) vom Relocationservice zur
Wohnungssuche begleitet. Trotz dreifacher Falschnennung der Hausnummer ließ
sich die Dame nicht abschütteln. (Das war wirklich keine Absicht mit der
Hausnummer!) Immerhin konnte ich es umgehen, dass sie mich auf das Amt
(Meldung) und zur Bank (Kontoeröffnung) begleitet, obschon es mir sehr ans Herz
gelegt wurde. Nun ja – sie sind damit beauftragt. Und was soll ich sagen? Ich
habe es GANZ ALLEIN geschafft und bin nun wieder in Deutschland gemeldet und
habe ein Bankkonto – und das alles ohne Übersetzer und Begleitschutz.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich zunächst fast kehrt gemacht hätte, als
ich mich dem Rathhaus Fallersleben nährte. Ich war nämlich mit einem „Jumeirah
Jane“ Outfit bekleidet und ich dachte zunächst, die Treppe würde gefegt
(Dreißigster!). Es handelte sich dann aber lediglich um eine Hochzeit. Eine
schöne 80er Jahre Motto Hochzeit, glaube ich. Zumindest dem Äußeren nach zu
urteilen…
Bei der Bank (gleiches Outfit)
wurde ich strafend angeguckt, weil ich keinen Termin gemacht hatte, zur
Kontoeröffnung. Eine Frau mit kleinen aggressiven Löckchen sagte zur Sekretärin:
„Näää, also nee. Ohne Termin geht das nicht. Es sind doch alle in Terminen!
Muss se einen Termin machen und wiederkommen.“
(EY LOCKE! I CAN HEAR YOU!!!) Nach 2 Minuten hat Locke mich dann aber
doch mitgenommen. Wir könnten aber nur eben das Gröbste erledigen und müßten
einen Folgetermin vereinbaren. Mehr wollte ich ja auch gar nicht. Ich brauche
doch nur ein Konto ohne Schi Schi.
Außerdem habe ich die schönste
Wohnung der Welt gefunden. Drei Zimmer (nahezu) Altbau und mit riesengroßer
Terrasse im 1. Stock. Die schönste Wohnung in der ich je gewohnt habe und zudem
im ZENTRUM (Downtown). Am 7.9. kann ich endlich
einziehen. Auch wenn es zu Hause sehr nett war, freue ich mich so sehr darauf,
nach fast 6 Wochen wieder richtig zu Wohnen und vor allem zu wissen, wo was zu
finden ist (Inzwischen ist schon der 05.09., ich bin etwas im Streß und kam nicht
zum Schreiben).
Nun ja – was fiel mir sonst
noch auf? Auf jeden Fall eine ca. 60 Jahre alte Frau im „Landhaus Toskana“ im
lieblichen Sülfeld. Die Gruppe hatte einen Hund dabei und als er sich mit der
Leine beinahe vor Langeweile aufgehängt hatte, hat sie gesagt „NA? Was hat denn
der kleine WAU WAU?“ So ein Schwachsinn aber auch.
Dann habe ich mich noch im
Fitnessstudio angemeldet. Und wie sollte es in Wolfsburg heißen, wenn nicht...V8? Ich habe den pensionierten
Postboten von damals getroffen, den Chemielehrer aus der Schule uvm. Nun – man
kennt sich. Vielleicht ziehe ich das nächste Mal einen Chemiekittel über, um
ihn nachträglich doch noch mal zu beeindrucken?
Ferner fiel mir bisher oftmals
die grausame Entmannung durch den (Reisenthel) Einkaufskorb auf. Meiner Meinung
nach könnte ein Mann genauso gut langes
lockiges Haar und Makeup tragen. Das sieht, so mein persönliches Empfinden,
genauso transsexuell aus. Wenn sie,
resigniert, mit einem Einkaufskorb (gerne dabei auch den Kopf gesenkt haltend)
gen Supermarkt schreiten hat das für mich auch nichts mehr mit Think Blue. zu
tun. MÄNNER! Es gibt doch auch Umweltbeutel. Aber doch keinen Korb. Würde ich
meinen Mann mit einem Korb erwischen, wäre das ein großes Problem. Eventuell
einer der Gründe, warum ich Single bin…
So. Und schon wieder ist viel,
viel Zeit ins Land gestrichen. Heute ist bereits der 08. OKTOBER und ich
arbeite nun seit fast sechs Wochen in der neuen Abteilung. Und ich wohne auch
schon seit gut einem Monat in der Wohnung. Es wird. Sie ist wirklich schön und
ich werde im Möbelschleppen und aufbauen immer besser. Abgesehen von dem
Rückschlag am Freitag Abend (die Schrauben der Kommode sind nun irgendwie außen
und sichtbar, statt innen und unsichtbar. Aber das macht sie einzigartiger und
somit fabelhafter).
Apropos Möbel – zu Ikea gehe ich
ja nicht mehr. Die Kunden sind furchtbar unfreundlich und ich musste mich doch
sehr beherrschen, als ich von einem Arzt mit Familie an der Expresskasse (ZWEI
Seiten geöffnet!) angepöbelt wurde. „WOLLEN SE VOR ODER WAS?“ (Familie
Nicht-Ganz-Gar stand links, ich rechts). „Wie bitte? Hier sind doch zwei
Schlangen?“ „Nein nein – das wird zu Einer!“ Ah ja...macht ja auch Sinn.
Schade, dass ich vergessen habe zu sagen: „Merken se selbst, oder?“ Das wäre
nicht unhöflich sonder angebracht gewesen, oder? Die Tante hinter mir fuhr mir
auch noch in die Hacken und dann hatte ich noch nicht mal mehr Lust auf den Hot
Dog. Grundsätzlich sind hier wirklich viele Dienstleister sehr unfreundlich.
Ich begegne wirklich allen Menschen erst einmal freundlich – privat und im Job
gleichermaßen (WENN sie es verdienen). Aber bei Real und bei
Edeka Melbeck ist das Personal besonders unfreundlich (Wobei es bei Real auch
extrem freundliches Personal gibt, man möchte ja nicht pauschalisieren). Bei
Edeka wurde ich richtig böse angeschissen (kann man wirklich nicht anders
ausdrucken), weil ich die Blumen an der Hauptkasse und nicht an der
Getränkeabteilungskasse bezahlt hatte. Und bei Real wollte ich nur sichergehen,
dass ich den weißen Fernseher und nicht den schwarzen kaufe. Da war der
Verkäufer schon ziemlich angenervt – ES GÄBE JA SCHLIESSLICH NUR NOCH WEISSE.
AH JA – hätte man auch wissen MÜSSEN. Wie gesagt – ich möchte nicht alle in
einen Topf werfen, aber einigen Leuten werde ich künftig die Leviten lesen –
JAWOHL! Das ist eine Frechheit! Abgesehen vom Möbelkauf ist es
in Wolfsburg so spannend wie…auf der vierten Wüstensafari. Besonders im Herbst/
Winter.
Außerdem ist es wirklich verdammt schwer, hier zu netzwerken. Auch hier gibt es Ausnahmen, jedoch habe ich den Eindruck, dass es hier grundsätzlich zwei Arten Mensch gibt. Zum einen gibt es die typischen Ur-Wolfsburg. Hier aufgewachsen, bei einem großen Arbeitgeber angefangen und seit jeher einen festen Freundeskreis besessen. Es scheint schlichtweg unmöglich, Teil davon zu werden. Offenheit: 4-. Dann gibt es inzwischen viele Zugezogene. Offenheit: 1+. Nachteil hier ist die Liebe zur Heimat. Jedes Wochenende sind sie einfach weg. Wie gesagt – es gibt auch Ausnahmen – das sei an dieser Stelle nochmals betont. Doch wie wir alle wissen – die Ausnahme bestätigt die Regel.
Aber um nicht in Wehmut und
Langeweile zu versinken, versuche ich ja auch stets, das Beste draus zu machen
(schließlich wollte ich es ja so…JA JA). Gestern war ich daher zum wellnessen
in der Saunalandschaft Gifhorn. Auf dem Weg dorthin sind wir durch Isenbüttel
gefahren. Dort wurde das Erntedankfest zelebriert. Das ganze Dorf war auf 180! Sie
haben jedem Autofahrer zugewunken (in Tracht) und daher fühlten wir uns
persönlich angesprochen und haben königlich zurückgewunken J. Kleiner Scherz unsererseits.
In der Saunalandschaft
angekommen, hat der Bistro-Koch uns die Schlüssel und das Saunasalz
ausgehändigt und dann ging es los. Altersdurchschnitt: 70. Nach dem ersten
Durchgang wollte ich in der Salzgrotte entspannen, einem RUHEraum. Er war
offensichtlich so beruhigend für den Mann im Puma Bademantel, dass er ganz in
Ruhe, ganz tief eingeschlafen ist und ganz doll angefangen hat zu schnarchen.
Das war ganz schlimm und so laut, dass ich die Entspannungsklänge nicht mehr wahrnehmen
konnte. Irgendwann hatte ich rausgefunden, dass Räuspern hilft. So konnte ich
ihn langfristig ruhigstellen. Als nächstes betrat ein Übergewichtiger die
Grotte. Ich denke, er litt an Asthma. So ein lautes Atmen habe ich noch nie
gehört. Es war dann auch keine Entspannung – geschweige denn Ruhe – mehr
möglich und so sind wir in die Sauna mit Aufguß gegangen. Ganz schön voll kann
so eine Sauna werden (Ich bin ja ohnehin nicht so der gemischte Sauna Freund). Wir
waren 10 Minuten vor „Aufguß“ da und auch hier fand ich mich in einer Situation
wieder, in der ich alles andere als entspannt wurde. Die Sauna in Gifhorn wird
nämlich als Gossip-Tempel missbraucht. Zum Leidtragen aller Ruhesuchenden. Die
Oma (Sauna Hooligan) die direkt vor der Sauna pausierte, quatschte so dermaßen
laut, dass ich fast ausgerastet und nackt rausgelaufen wäre (nein – nicht auf
die Straße). Sie hat nicht gequatscht – sie hat gebrüllt. Eine Frechheit. Zum
Glück ist sie zum Aufguß abgezogen. Fünf Minuten länger und ich hätte für nichts
mehr garantieren können. Fand ich wirklich richtig gemein. Als Aufguß gab es
übrigens - ganz verrückt - „Flieder-Honig“. Ekelhaft, sag ich Euch. Wie alte
Mottenkugel mit abgelaufenem Honig. Bei dem zweiten Ruheversuch in der
Salzgrotte hatte ich einen Lachflash, weil meine Cousine diesmal mit reinkam
und ich vorab vom Schnarcher berichtet hatte. Er war zurück! Der Schnarcher war
zurück! Es kam beinahe zur Explosion (meinerseits). Als wir anschließend in die
Lichtsauna wollten, (und auch schon mit einem Bein drin standen) mußten wir
feststellen, dass der Schreihals sich dort mit ihrem Schreihalskumpel aufhielt.
Also erstmal ab in die „Turm-Sauna“. Dort war wiederum ein weiterer Schnarcher
und folglich lag bei unseren Saunagängen die Würze eher in der Kürze. Im
zweiten Anlauf war die Lichtsauna hooliganfrei – aber nicht kinderfrei. Ich
würde später einfach nicht mit Baby und kleinem Kind in die Sauna gehen. Das
muss doch nun wirklich nicht sein.
Auch wenn es gar nicht danach
klingt – war unterm Strich entspannend und am Ende waren wir vier Stunden dort.
Am Lenkrad wäre ich fast eingeschlafen. Nächstes Mal fahren wir dennoch lieber
nach Bad Harzburg in die Sole Therme. In Wolfsburg im Badeland gibt es auch
eine ganz schöne Saunalandschaft, aber da traue ich mich nicht hin. Das ist ja,
wie nackt in die Kantine gehen – und das macht ja schließlich auch niemand („Na,
noch ein Würstchen?“ Schuldigung…)
Heute war ich wieder beim
Spinning (nicht zu verwechseln mit spinn-ing J). Gen
Ende hat der Trainer „Reeperbahn“ von Jan Delay gespielt: („…trotzdem bin ich irgendwie so traurig.“). Da hatte ich eine ganz böse
Heimweh-Attacke. Nach 9 Jahren Hamburg und zwei Jahren Dubai zurück in der
Provinz. Ich versuche natürlich, optimistisch zu sein und bin auch absolut
froh, meine Familie mal wieder um mich zu haben. Als ich beispielsweise neulich
bei meiner Cousine mit dem kleinen Baby und der kleinen Tochter war, die mich
nun auch besser kennenlernt war ich auch ganz gerührt. Das sind natürlich dann
auch Momente wo man es sehr wertschätzt, zurück zu sein. Aber dann gibt es auch
wieder die Tage, wo man aus Hamburg zurück nach Wolfsburg fährt und seine
Freunde dort „zurückläßt“. Doch man braucht die Herausforderung, um daran zu
wachsen, nicht wahr? Und manchmal kann eben auch die Provinz herausfordernd
sein.
In diesem Sinne – nicht zu
viel pauschalisieren (aber auch nicht zu wenig). Und Humor ist, wenn man
trotzdem Lacht.
Aus meiner neuen Playlist
„Wintermelancholie 2012“ noch mein Lieblingslied für Euch:
Eure Steffi
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